Faire Startchancen für alle!

Faire Startchancen für alle!

Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind für alle Familien herausfordernd. Die ersten Lebensjahre sind aber auch für die gesamte spätere psychische und physische Gesundheit des Kindes prägend. Gelingt ein guter Start, so verbessern sich die Gesundheits- und Bildungschancen deutlich.

Kinder sind darum ab Geburt auf eine liebevolle Umgebung angewiesen. In den meisten Fällen erhalten sie dies in der Familie. Eine Familie lebt aber nicht isoliert in einer Höhle. Damit Kinder gut aufwachsen können, brauchen sie und ihre Familien die Unterstützung und Förderung durch die Öffentlichkeit.

Insgesamt sind also gute Rahmenbedingungen seitens der Familie und der familienunterstützenden und -ergänzenden Massnahmen in einem qualitativ hochwertigen Bildungssystem nötig. Dies hat einen entscheidenden Einfluss auf die späteren Bildungsphasen des Kindes, auf sein ganzes Leben.

Frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) heisst der Fachbegriff, der weltweit verwendet wird, um die wichtigen Faktoren beim Aufwachsen von Kindern zu benennen. Oft wird dafür auch der Begriff «Frühe Förderung» verwendet. Wichtig ist, es geht nicht um eine Verschulung der Kinder, bevor sie laufen lernen! Es geht nicht in darum, vorwiegend die Ambitionen der Eltern zu bedienen.

Bei der Frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung geht es darum, dem Kind beim Start seiner Bildungsbiografie die bestmögliche Entwicklung zu gewährleisten.

Dazu braucht es verschiedenste Angebote für Familien wie auch für Kinder_

- vor- und nachgeburtliche Angebote (maternity care)

- Beratungs- und Begleitungsangebote von Familien (beispielsweise Mütter- und Väterberatung)

- frühkindliche Bildungs- und Betreuungsangebote wie Kitas und Spielgruppen, 

- Elternbildung und Treffpunkte für Familien (Familienzentren).. 

Alle diese Angebote können nur dann ihre optimale Wirkung entfalten, wenn sie allen zugänglich und qualitativ hochwertig sind.

Viele dieser Angebote sind aber private Initiativen, sie sind oft in verschiedenen Bereichen angesiedelt, unverbunden und unkontrolliert. Über die Qualität der Angebote lässt sich nur wenig sagen.

Darum haben in den letzten Jahren Bund, Kantone und Gemeinden, aber auch private Initiativen und freie Stiftungen durch Konzepte, Studien und Förderprogramme begonnen, die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern zu verbessern.

Im Februar 2019 publizierte die Schweizerische UNESCO-Kommission den Bericht «Eine Politik der Frühen Kindheit – Eine Investition in die Zukunft» Der Bericht bietet Inspiration und Argumente, um bisher fehlende gesetzliche Grundlagen zur Förderung der FBBE zu schaffen. Denn solide verfassungsmässige und gesetzliche Grundlagen auf Ebene Bund und Kantone müssen geschaffen werden.

Am 3. Februar 2021 ist der Bericht des Bundesrates in Erfüllung zweier Postulate zu diesem Thema erschienen. Der Bundesrat nimmt darin eine Auslegeordnung der rechtlichen Grundlagen und Zuständigkeiten sowie der aktuellen Tätigkeiten der drei staatlichen Ebenen vor. Da die Kantone und Gemeinden für die Politik der frühen Kindheit zuständig sind, sieht der Bundesrat die Rolle des Bundes primär bei der Verbesserung der Datengrundlagen, der Koordination von staatlichen Massnahmen und der Förderung des Informations- und Erfahrungsaustausches.

In einer Medienmitteilung zeigt sich Alliance Enfance besorgt: Der Bericht ist aus Sicht von Alliance Enfance unbefriedigend und eine weitere verpasste Chance, um der frühen Kindheit mit entsprechenden Massnahmen auch auf Bundesebene die nötige Bedeutung zukommen zu lassen.

Umso wichtiger ist es nun, dass der Kanton die Chance nutzt! Der Handlungsbedarf bleibt gross. Um eine optimale Wirkung zu entfalten, müssen die Schnittstellen und Ebenen der Bildungs-, Sozial-, Integrations- und Gesundheitspolitik aufeinander abgestimmt werden. Wenn es nicht gelingt, eine kohärente Politik auf den verschiedenen staatlichen Ebenen unter Beizug der Zivilgesellschaft zu etablieren, bleiben die bisherigen Massnahmen ein Flickwerk mit wenig Wirkung. 

Der Regierungsrat wird darum aufgefordert,

- die bestehenden Angebote im Bereich der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung direktionsübergreifend besser zu vernetzen;

- auf der Grundlage der Empfehlung der schweizerischen UNESCO-Kommission das bestehende Angebot zu überprüfen;

- unter der gemeinsamen Federführung der Gesundheits-,der Justiz-und der Bildungsdirektion eine umfassende, bereichsübergreifende Strategie zu entwickeln und die notwendigen gesetzlichen Grundlagen anzupassen/zu ergänzen.

Die Strategie soll aufzeigen, wie die Angebote für alle gewährleistet werden können. Ebenso soll deutlich werden, wie die Qualität der Angebote gesichert werden kann, wie sie finanziert und untereinander vernetzt werden können. Insbesondere muss erreicht werden, dass auch Kinder aus benachteiligten Familien die bestehenden Angebote tatsächlich nutzen. Ein solches bedarfsgerechtes Angebot bringt einen grossen volkswirtschaftlichen Nutzen. Dies zeigen verschiedenste Studien.

Eine Politik der frühen Kindheit schafft Rahmenbedingungen, damit Angebote von hoher Qualität entstehen, die für alle erschwinglich sind. Sie orientiert sich dabei an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Bezugspersonen und hilft, gerechte Startchancen für alle zu schaffen und Familie und Beruf besser zu vereinbaren.

Faire Startchancen für alle!

Das Postulat 340/2019 zur Frühen Förderung wurde mit einer grossen Mehrheit überwiesen. Der Regierungsrat hat nun zwei Jahre Zeit, eine Strategie und zu entwickeln und einen Bericht zu erstatten.

Mehr erfahren